Die Metropole San Francisco im US-Bundestaat Kalifornien erlebte immer wieder drastische Wellen der Gentrifizierung und Verdrängung. 2001 gründeten engagierte Bürger:innen die „San Francisco Community Land Trust Collaborative“, um der Spekulation und Verdrängung entgegenzuwirken. Zwanzig Jahre später hat sich in San Francisco ein kleiner, aber durchaus erfolgreicher CLT als Akteur auf dem städtischen Wohnungsmarkt etabliert, der von bedrohten Mieterschaften für Übernahmen angesprochen werden kann.
Trailer der Serie: „Priced Out: Why You Can’t Afford A Place In San Francisco.“
San Francisco ist im Gegensatz zu den meisten anderen Städten der USA eine Mieter:innenstadt. Die dortige Wohneigentumsquote liegt mit circa 38 Prozent weit unter dem nationalen Durchschnitt von circa 68 Prozent. Die 2001 gegründete „San Francisco Community Collaborative“ betrieb eine aufwendige Öffentlichkeitsarbeit, um ein Netzwerk von vielen CLTs aufzubauen, die in jeweils verschiedenen Nachbarschaften der Stadt verankert sein sollten. Um dieses Ziel in die Tat umzusetzen, gründeten die Aktivist:innen 2003 den bis heute einzigen und auch stadtweit agierenden „San Francisco Community Land Trust“ (SFCLT). Seit 2008 ist der SFCLT eine offiziell anerkannte, von seinen Mitgliedern getragene, gemeinnützige Organisation. Ein ehrenamtliches, 12köpfiges „Board of Directors“ aus Nutzer:innen der CLT-Projekte (4 Sitze), Personen aus den Nachbarschaften (4 Sitze) und sogenannten öffentlichen Mitgliedern (4 Sitze) entscheidet über die Projektvorhaben und führt die Geschäfte mit Unterstützung eines professionellen, aus vier Personen bestehenden „Executive Management Committee“.
Strategiewechsel: Bildung von Mieter:innengenossenschaften statt privates Wohneigentum
Noch vor der ersten Projektrealisierung wurde ein grundlegender Strategiewechsel für die Sicherung von dauerhaft bezahlbarem Wohnraum vollzogen. Ursprünglich wollte der SFCLT niedrigen und mittleren Einkommensschichten nach dem Erwerb von Liegenschaften „Eigentumswohnungen mit begrenztem Eigenkapital und Restriktionen bei Verkäufen“ anbieten. Nach intensiven Debatten mit verschiedenen lokalen Mieter:innenorganisationen wurde 2005 entschieden, dass nach dem Erwerb von Immobilien eine Trennung des Eigentums am Boden vom Eigentum an den Gebäuden erfolgen soll: Der Boden geht als Gemeineigentum in die Verwaltung des CLTs über, die Mieter:innen übernehmen die Gebäude und gründen dafür eine Mietergenossenschaften (limited equity cooperatives). Dieses Modell garantiert den Mieter:innen für die Nutzung der Gebäude deutlich geringere Kosten. Bahnt sich ein neues Projekt an, arbeitet der SFCLT schon vor dem Erwerb einer Immobilie mit den Bewohner:innen und Mieterorganisationen in den jeweiligen Nachbarschaften zusammen. So soll sichergestellt werden, dass die Mehrheit der Mieter:innen auf die kommende Selbstverwaltung vorbereitet ist und das Modell des genossenschaftlichen Wohneigentums praktizieren will. Der CLT sichert dann die Finanzierung für den Erwerb, gegebenenfalls die Sanierung und die Umwandlung und bereitet die Bewohner:innen in Workshops auf die Selbstverwaltung vor.
„Help Build the San Francisco Community Land Trust“ – Video des SFCLT
Das erste Projekt: Die Columbus Avenue 53
2005 begann der SFCLT mit Mieter:innen der Columbus Avenue 53 zusammenzuarbeiten, um einen genossenschaftlichen Umbau ihres Gebäudes durchzuführen. Die Mieter:innen hatten bereits sieben Jahre lang gegen den Abriss ihrer Häuser gekämpft. Noch im selben Jahr konnte auf politischen Druck gegenüber dem Eigentümer eine Vereinbarung über den Verkauf des verwahrlosten und abrissgefährdeten Gebäudes getroffen werden. Nach der Sanierung von 21 Wohnungen und Gewerbeflächen im Erdgeschoss mit öffentlichen und privaten Mitteln und konnte der SFCLT 2009 sein erstes Projekt in Kooperation mit den Immigrant:innen-Selbsthilfe-Organisationen „Asian Law Caucus“ und „Chinatown Community Development“ präsentieren.
Seitdem bis ins Jahr 2021 hat der CLT in 12 Liegenschaften selbstverwaltete Hausgenossenschaften mit 101 Wohneinheiten initiieren und mehr als 200 Menschen mit niedrigem Einkommen dauerhaft leistbaren Wohnraum anbieten können. Der SFCLT unterstützt mit seinen Projekten explizit BIPOC-Communities (Black, Indigenous, and People of Color), die 71 Prozent der Mieterschaft in den CLT-Projekten ausmachen.
Weiterführende Informationen:
Webseite des San Francisco Community Land Trust | „The Pigeon Palace“ SFCLT-Projekt (2015)