Gastbeitrag: Ein Forschungsprojekt zu „Urban & Housing Commons”
  • Ausschnitt CLT-Comic, NYC Community Land Initiative

Seit September 2021 forsche ich bei und mit der Stadtbodenstiftung zu Prozessen der Entstehung und Aufrechterhaltung städtischer Commons. Das Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) heißt „Mit Recht und jenseits des Rechts. Feministische Perspektiven auf Urban & Housing Commons“ (Laufzeit: 2021 – 2024).

Autorin: Dr. Bettina Barthel, wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc) im Teilprojekt C: „Mit Recht und jenseits des Rechts. Feministische Perspektiven auf Urban & Housing Commons“ am Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung, Technische Universität Berlin; ©DFG Forschungs-gruppe „Recht-Geschlecht-Kollektivität“

Ziel des Forschungsprojektes ist es, empirisch zu erfassen, wie in „Urban & Housing Commons“ solidarische Beziehungsformen erprobt werden und welche Rolle Recht darin spielt. Das Projekt erforscht zwei Weisen im Umgang mit Recht. Es geht einerseits um Möglichkeiten, geltendes Recht für die Entwicklung Commons-schützender Rechtsformen nutzbar zu machen; und andererseits darum, wie „Institutionen des Commoning“ funktionieren, die, dem Prinzip der Selbstorganisation folgend, abseits der geltenden Rechtsordnung praktiziert werden. Daran anschließend stellt sich die Frage nach potenziellen Zusammenhängen zwischen formal-strukturellen Aspekten (Rechtsform, Finanzierung etc.) und sozialen Beziehungsweisen. Zudem sollen Brüche und Kontinuitäten gegenüber bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnissen mit in den Blick genommen werden. Die Stadtbodenstiftung dient dabei als empirische Fallstudie, deren Praxis zur Beantwortung dieser Fragestellungen beitragen kann.

Die Stadtbodenstiftung als Commons?

Community Land Trusts (CLTs) wurden verschiedentlich als potenzielle Commons oder Commons-ähnliche Formen beschrieben. Was sich gegenwärtig empirisch untersuchen lässt, verstehen wir im Projekt jedoch nicht per se als Commons, sondern als Phänomene, die als aktuelle gesellschaftliche Formen, die sich konzeptionell auf etwas beziehen, was historisch als Commons charakterisiert wurde. Sie werden auch als ‚real existierende Commons‘ bezeichnet, die als solche immer auch voll von Widersprüchen und Machtverhältnissen sind. Es geht mir mit dem Projekt daher auch nicht um eine Evaluierung o.ä., sondern um einen Lernprozess, der sowohl theoretischen Gewinn bringt als auch praxisrelevant sein kann. Das drückt sich unter anderem in der Offenheit für thematische Fragestellungen und Schwerpunktsetzungen der Stadtbodenstiftung in der Datenerhebung aus.

Mural by Christopher Statton and Megan Wilson, 2015 ©CC BY-SA 4.0

Ein zentrales Thema in der Commonsforschung stellen beispielsweise die Grenzziehungen der Nutzer:innengemeinschaften, Ein- und Ausschlüsse und die Offenheit der kollektiven Beziehungsstrukturen dar. In diesem Zusammenhang steht die auch für die Stadtbodenstiftung wichtige Frage, inwiefern das CLT-Modell in seiner Umsetzung in Deutschland ein dezidiert sozial- und nachbarschaftlich orientiertes Modell werden kann. Speziell für „Urban und Housing Commons“ ist zudem erst wenig untersucht worden, inwiefern Geschlechterverhältnisse bei Fragen um Zugehörigkeiten, Selbstorganisation bzw. Selbstverwaltung und Alltagpraxen eine Rolle spielt. Auch diese Forschungslücke möchte ich bearbeiten.

Recht – Geschlecht – Kollektivität

Das Forschungsprojekt ist Teil der DFG-Forschungsgruppe „Recht – Geschlecht – Kollektivität“. Diese Forschungsgruppe untersucht Kollektiv-Strukturen und Organisationen jenseits von Familie auf der einen und Nationalstaat auf der anderen Seite mit der übergreifenden Frage, inwiefern diese vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Konflikte neue Formen von Zusammengehörigkeit und Solidarität darstellen bzw. anbieten können.

Mehr Informationen zur Forschungsgruppe finden sich unter: www.recht-geschlecht-kollektivitaet.de

Ich bin also in nächster Zeit auf Veranstaltungen und Treffen der Stadtbodenstiftung anzutreffen und freue mich über Interesse und Fragen zu meiner Forschung. Sprecht mich gerne an.